Reisebericht 15 vom 21.10.06 – 25.10.06: El Salvador - klein und fein  


Route: Las Chinamas – Sonsonate – Lago Coatepeque – Cerro Verde – Suchitoto – Dulce Nombre de Maria – Chalatenango – La Palma – El Poy


Seit Juli 2006 existiert zwischen Guatemala, El Salvador, Honduras und Nicaragua ein Abkommen, nach dem man sich als europäischer Tourist 90 Tage lang in diesen vier Ländern aufhalten darf und dabei auch die Grenzen beliebig überschreiten darf. Keine Grenzformalitäten mehr, keine Touristenkarte, keine Stempel, keine Bürokratie. Pass vorzeigen – fertig. Wir staunen nicht schlecht, als der freundliche Grenzbeamte uns das neue Procedere erläutert. Doch was für uns gilt, gilt leider nicht für unseren Landy – erklärt man uns fünf Meter weiter und drückt uns lächelnd die Formulare in die Hand. In weniger als zehn Minuten ist jedoch alles erledigt und wir könnten theoretisch weiter fahren. Doch da wir unterwegs ein wenig getrödelt haben, ist es nun schon ziemlich spät am Tag. Und nach allem, was wir bisher von El Salvador gehört haben – hohe  Kriminalitätsrate, höchste Mordrate in ganz Zentralamerika, Überfälle an der Tagesordnung usw. – möchten wir das Land lieber bei Tageslicht betreten. Also fragen wir höflich nach, ob wir an der Grenze übernachten dürfen und bekommen einen Platz direkt unter dem Vordach der Immigrationsbehörde zugewiesen. Wir haben uns gerade häuslich nieder gelassen, da kommt auch schon der erste an und labert Tobias voll. Die Kommunikation ist etwas einseitig – und das liegt nicht nur an der Alkoholfahne des Ruhestörers. Als er keine Anstalten macht, das Feld zu räumen, marschiere ich rüber an den Immigrationsschalter und „hetze“ die beiden Beamten auf ihn. Fängt ja schon gut an, denke ich noch, da beginnt der eine Beamte uns plötzlich auf Deutsch anzusprechen. Er ist in San Salvador auf eine deutsche Schule gegangen und freut sich, seine Sprachkenntnisse mal wieder anwenden zu können.

 

Über die „Ruta de las flores“, die Blumenstraße, an deren Straßenrändern wilde Hibiskusse blühen und Kaffeesträucher wachsen, fahren wir nach Sonsonate. Dort ist Markttag. Wir mischen uns in die Menge, kaufen ein paar exotische Früchte und genehmigen uns dann ein landestypisches Frühstück. Dieses besteht aus Rührei, Bohnenmus, Sauerrahm, Käse, gebratener Banane und Kaffee. Danach geht’s weiter zum Lago Coatepeque, einem vulkanischen Kratersee, 120 Meter tief, 6 Kilometer lang. Auf der Suche nach einem geeigneten Übernachtungsplatz steuern wir das Centro de Obrero an, ein "Erholungszentrum“ für Regierungsbeamte und deren Familien. Es ist Wochenende und entsprechend viel ist los. Die Nutzung des Zentrums, inklusive Übernachtung, ist kostenlos – vorausgesetzt, man hat sich beim Arbeitsministerium in San Salvador eine entsprechende Genehmigung geholt. Haben wir natürlich nicht. Wir dürfen trotzdem rein und die Anlage nutzen. Als ich dem Wärter ein bisschen Obst von uns schenke, bringt er uns den Schlüssel für eine der Cabanas, weil das doch komfortabler sei als im Auto zu übernachten. Wir nehmen sein Angebot natürlich gerne an.

 

Nächstes Ziel ist der Nationalpark Cerro Verde. Der Park ist sehr hübsch, nur leider sind alle Wege für den Besucher gesperrt – und nur mit einem Guide begehbar. Da sich der Vulkan Izalco in Wolken hüllt und selbst von dem verlassenen Hotel de Montana kein Blick auf den Berg zu erhaschen ist, begnügen wir uns mit einem Rundgang durch die Gartenanlage des Parks.

Suchitoto liegt am Lago Suchitlán und ist eine verschlafene Stadt im kolonialen Stil, mit bunten Häusern, Kopfsteinpflaster,schiefen Straßen, mit einer hübschen Kirche und einer modernen Plaza, die nicht ganz ins Bild passt. Wir schlendern durch die Straßen. Als wir an der Schule vorbei kommen, werfen wir einen Blick hinein und winken den Schülern im Klassenzimmer zu. Alle, einschließlich des Lehrers, winken zurück. Tagsüber ist auf den Straßen nicht viel los. Aber abends nach Sonnenuntergang erwacht der Ort zum Leben. Da werden Tische unter die Arkaden entlang der Plaza gestellt, Grills aufgebaut, Feuer angeschürt. Und dann gibt es Pupusas, dicke Tortillafladen,gefüllt mit Bohnenmus, Käse und Chicharron (Schweineschwarte). Dazu trinkt man „Horchada de cebada“, ein aromatisches Fruchtsaftgetränk mit Zimt. Am nächsten Morgen fragen wir in der Polizeistation nach dem Weg nach Aguilares. Anstatt uns den Weg zu beschreiben, wird ein Polizist abkommandiert, der uns auf seinem Motorrad vorausfährt und uns den Weg weist.

 

Von Aguilares fahren wir weiter in den Ort mit dem viel versprechenden Namen „Dulce Nombre de Maria“. Die Strecke dorthin ist malerisch. Doch der Ort ist noch verschlafener als Suchitoto. Die Menschen begrüßen uns mit fast schon ausgelassener Fröhlichkeit. Immer wieder ruft man uns „Hello, how are you“ entgegen. Und wer kein Englisch kann, ruft uns ein freundliches „Hola, amigo“ zu. Weiter geht’s in Hängemattendorf „Concepción Quetzaltepeque“, in dem fast alle Einwohner von der Herstellung und dem Verkauf von Hängematten leben. Aber es ist Mittagszeit und der ganze Ort hält Siesta.

 

Ganz anders dagegen in Chalatenango. Hier herrscht hektisches Treiben. So hektisch, dass wir schnell wieder das Weite suchen.

 

Unsere letzte Station, bevor wir nach Honduras ausreisen, ist La Palma. La Palma ist eine lustige, farbenfrohe Stadt, mit bunt bemalten Häusern. Wir wissen, dass kurz vor der Stadt wieder ein Centro de Obrero im Wald liegt. Und auch dieses Mal gestattet man uns ohne Anstalten, in der Anlage zu übernachten. Als wir am nächsten Morgen in Richtung Grenze aufbrechen, sind wir fast ein bisschen traurig. Auf der einen Seite hat El Salvador an Sehenswürdigkeiten nicht wirklich viel zu bieten – ein paar kleine Ruinen, ein paar Vulkane, ein paar Seen, nichts Außergewöhnliches. Aber es sind die Menschen, die El Salvador so besonders machen. Die fröhlichen, freundlichen Menschen, die sich freuen, wenn Fremde ihr Land besuchen, und für die

Gastfreundschaft noch selbstverständlich ist. Allein der Menschen wegen würden wir gerne noch länger bleiben. Aber noch immer haben wir uns nicht entschieden, ob wir nun in Honduras die Ausbildung zum Divemaster machen oder nicht. Die Ausbildung dauert mehrere Wochen – und wir müssen bereits Anfang Dezember in Costa Rica sein, weil wir uns dort mit Uli und Moni treffen wollen. Kaum zu glauben, aber trotz unserer großzügigen Reiseplanung wird die Zeit knapp. Deshalb eilen wir also wieder einmal der Grenze entgegen. Auf ins nächste Land! Doch so schnell schießen die Preußen nicht – und die Honduraner erst recht nicht. Aber davon mehr im nächsten Reisebericht.


Bildergalerie