Route: Santa Rosa de Copán – Copán Ruinas – San Pedro Sula – Omoa – Tela – La Ceiba – Utila – La Ceiba – Trujillo – San Estabán – Catacamas – Juticalpa – El Rosario – La Tigra Nationalpark – Yuscarán – Danlí – El Paraíso – Los Manos
Die Einreise nach Honduras stellt unsere Geduld auf eine harte Probe. Dabei sind unsere Pässe bereits nach wenigen Minuten abgestempelt. Komplizierter ist da schon die Prozedur mit unserem Landy. Die Dame hinter dem Schalter hat auf einen Zettel die anfallenden Gebühren aufgelistet. Diese erscheinen uns erstens aus der Luft gegriffen und zweitens zu hoch. Doch als wir mehrmals nach der schriftlichen Verordnung, die diese Gebührensätze regelt, fragen, legt die Dame unsere Papiere auf die Seite und bearbeitet seelenruhig einen anderen Vorgang. Erst eine halbe Stunde später können wir uns darauf einigen, die nächsten Schritte einzuleiten. Um es kurz zu machen: Mehrere Male laufen wir zwischen dem Grenzposten auf der einen Seite des Schlagbaums zu den Büros auf der anderen Seite des Schlagbaums, es fallen böse Worte, von denen „Bananenstaat“ noch das harmloseste ist, Tobias droht an, mit dem Landy den Schlagbaum umzufahren, dazwischen warten wir über eine Stunde darauf, dass die Bank nach der Mittagspause wieder öffnet und wir unsere Gebühren bezahlen können – um dann festzustellen, dass eine andere Bank am anderen Ende des Geländes die Zahlung entgegennimmt. Als wir schließlich alle Papiere und Stempel haben, müssen noch Kopien angefertigt werden – und zwar je zwei Stück von allen Dokumenten und von allen Durchschlägen aller Dokumente. Wir verkneifen uns die Frage, was der Staat Honduras mit dieser Menge an Papier
vorhat zu tun, um die Einreise nicht kurz vor dem Finale doch noch zu gefährden. Das einzig Gute: Im Verlauf des fünfeinhalbstündigen Spießrutenlaufs sind die Gebühren wenigstens auf ein vernünftiges Maß gesunken.
Keine zehn Meter hinter dem Schlagbaum versperrt uns ein Polizist den Weg. Wir befürchten das Schlimmste. Jeder, der nach Honduras reist, kennt die Geschichten von korrupten Polizisten, fingierten Polizeikontrollen und überzogenen Strafzetteln für Lappalien. Vorsorglich haben wir sowohl unser Warndreieck als auch den Feuerlöscher griffbereit im Fahrzeugdeponiert, denn danach wird gefragt. Aber der Polizist meint es nur gut mit uns. Er schenkt uns eine Straßenkarte von Honduras und wünscht uns eine angenehme Reise.
Schon seit langem freuen wir uns auf die Maya-Ruinen von Copán, die wegen ihrer fein ausgearbeiteten Reliefs und der eindrucksvollen Stelen einzigartig sein sollen. Leider ist auch der Eintrittspreis einzigartig: 15 Dollar pro Person für die Hauptanlage (immer wenn es teuer wird, rechnet man in Zentralamerika in Dollar statt in Lempira), weitere 15 Dollar pro Person für die Besichtigung der Tunnel, und noch einmal weitere 7 Dollar pro Person für das Museum. Mehr als wir für alle Ruinen Mexikos zusammen gezahlt haben!
Weiter geht es nach Omoa, an die Karibikküste, weil wir hoffen, hier andere Reisende zu treffen. Doch außer uns beiden gibt es im ganzen Ort noch genau zwei weitere Touristen. Mit dem einen gehen wir abends essen. Der andere ist ein junger Mann aus Guatemala, der mit seinem Kajak die Küste abfährt. Er wird nachmittags am Strand von Omoa überfallen und ausgeraubt. Die Sicherheitslage in Omoa ist bedenklich. Wer zum Beispiel zu den Wasserfällen
in der Umgebung wandern will, sollte nichts – außer vielleicht einer Flasche Wasser – mitnehmen, weil man dort laut Aussagen der in Omoa Ansässigen, mit Garantie überfallen wird. Wir verzichten auf Ausflüge aller Art und fahren über San Pedro Sula und Tela weiter nach La Ceiba.
Um San Pedro Sula herum macht Autofahren keinen Spaß. Am Straßenrand stehen Kinder mit Schaufeln und schütten die Schlaglöcher zu. Dafür erwarten sie von den Autofahrern ein Trinkgeld. Auf den Umgehungsstraßen fehlen die Gullideckel. Wie wir später erfahren, steht Alteisen gerade hoch im Kurs und wird deshalb gern geklaut – in welcher Form auch immer.
In La Ceiba trennen wir uns für die nächsten Wochen von unserem Landy. Während er gut geschützt und sicher auf dem Parkplatz eines Hostels steht, setzen wir mit der Fähre nach Utila über und tauchen unter. Wir haben beschlossen, auf Utila die Ausbildung zum Divemaster zu machen. Nachdem wir schon Rescue-Diver sind und auch die Anzahl der erforderlichen Tauchgänge bereits haben, hoffen wir, das auf vier Wochen ausgelegte Programm in drei Wochen zu schaffen.
Als wir auf Utila ankommen, regnet es. Und zwar so stark, dass wir innerhalb von Sekunden nass bis auf die Haut sind. Die Straßen der Insel stehen knöcheltief unter Wasser. Es riecht nach Kloake. Auch nach zwei Tagen, als die Insel wieder halbwegs trocken ist und die Sonne scheint, hängt noch immer ein muffiger, modriger Geruch über der Stadt. Zum Glück sind wir gut beschäftigt. Da wir als angehende Divemaster umsonst tauchen dürfen, nutzen wir die Gelegenheit, jeden Morgen zwei Tauchgänge zu machen. Nachmittags sitzen wir auf unserer Terrasse, schauen aufs Meer und lernen – zum Beispiel wie sich welches Gas auf welcher Tiefe verhält, was beim Druckausgleich im Ohr passiert und wie man das Volumen eines Hebesacks berechnet, mit dem man einen 300 kg schweren Anker vom Meeresgrund bergen will. Abends haben wir Unterricht und schreiben Prüfungen. Irgendwann dazwischen üben wir die zwanzig Tauchfertigkeiten, die wir beherrschen müssen, assistieren bei mehreren Open-Water- und Advanced-Kursen, fertigen eine Unterwasserkarte eines Tauchspots an und erstellen einen Notfallplan. Meine absolute „Lieblingsübung“ aber ist der Tausch der kompletten
Ausrüstung, also Jacket mit Flasche, Maske und Flossen, unter Wasser. Das Ganze wird nicht nur dadurch erschwert, dass Tobias und ich eine grundverschiedene Konfektionsgröße haben (Flossengröße 5-6 vs. 14), sondern
auch dadurch, dass Tobias und ich uns während der Übung eine einzige Luftversorgung teilen müssen, also nur abwechselnd einatmen können. Aber am Ende bewältigen wir auch diesen Stresstest – und sind tatsächlich nach drei Wochen fertige Divemaster.
Die Unterwasserwelt Utilas empfinden wir, nachdem wir bereits auf den Malediven und im Roten Meer getaucht sind, eher als enttäuschend. Wir vermissen die Farbenpracht und auch die Ausbeute an Fischen ist gering. Einziges Highlight war das Schnorcheln mit Delphinen. Wunderbare Tiere!!! Auch Utila selbst ist nicht so spannend, als dass es einen längeren Aufenthalt lohnen würde. Und es ist einfach nicht unser Ding, sinnlos die Zeit totzuschlagen. Wir gönnen uns noch einen Tag Pause, bevor wir die Insel wieder verlassen wollen. Doch so einfach gibt es kein Entkommen von der Insel. Die Fähre fährt nicht, weil der Hafen in La Ceiba wegen Sturm geschlossen ist und dies voraussichtlich auch noch die ganze Woche sein wird. Das Flugzeug fliegt nicht, weil die Landebahn in La Ceiba unter Wasser steht. Wir lassen uns trotzdem auf die Warteliste setzen und haben Glück. Noch am selben Tag gibt der Flughafen in La Ceiba grünes Licht. Wir fahren zum Flughafen, einer asphaltierten Bahn – ohne Abfertigungshalle, ohne Tower, ohne Schranke, ohne alles. Die Flugtickets kaufen wir direkt auf der Start- und Landebahn von einer Dame, die eigens zu diesem Zweck mit einem Golfwägelchen angefahren kommt und die Vordrucke per Hand ausfüllt. Eigenhändig laden wir
unser Gepäck in die Maschine. Zwanzig Minuten später sind wir in La Ceiba.
Unser Landy wartet frisch gewaschen auf uns. Leider hat die Feuchtigkeit – ob die Luftfeuchtigkeit von annähernd 100% oder das Wasser der Autowäsche lässt sich nicht genau sagen – seinem Innenleben ziemlich zugesetzt. Oder anders ausgedrückt: Unsere Ausrüstung schimmelt uns quasi unterm Hintern weg. Sogar das Lenkrad hat Schimmel angesetzt. Wir beheben den gröbsten Schaden und machen uns auf den Weg. Nach der langen Zeit an einem Ort tut es richtig gut, wieder unterwegs zu sein.
Eigentlich hatten wir vor, Honduras auf dem schnellsten Wege zu verlassen. Bis jetzt konnten wir uns mit diesem Land, in dem Korruption und Kriminalität das Leben bestimmen, nicht so richtig anfreunden. Doch hinter Trujillo kommt dann alles ganz anders. Kaum zu glauben, dass die Strecke von Trujillo über San Esteban bis nach Juticalpa von den Einheimischen „Camino de Muerte“ (Straße des Todes) genannt wird, weil man hier bis vor kurzem nur im Konvoi fahren konnte, um sich vor Überfällen zu schützen. Wir erleben die landschaftlich sehr schöne Strecke als äußerst harmlos. Im Gegenteil, uns kommen die Menschen hier wesentlich entspannter vor als im Westen des Landes, was vielleicht auch daran liegt, dass entlang der Strecke viele Rinderfarmen liegen und „Cowboys“ einfach die freundlicheren Menschen sind. Wir machen noch einen Abstecher in die Cowboy-Hochburg nach Catacamas, bevor wir dann über Juticalpa zum Nationalpark La Tigre fahren. Der Osten Honduras gefällt uns so gut, dass wir nun doch noch ein paar Tage länger bleiben wollen und sogar kurzzeitig mit dem Gedanken spielen, durch die berühmt-berüchtigte Miskitia zu fahren, durch die angeblich mal wieder keine Straße führt – aber wie schon im Kupfercanyon in Mexiko gibt es natürlich eine Route, doch niemand weiß, in welchem Zustand diese ist und wie lange die Fahrt dauern würde. Und da wir eine Verabredung in Costa Rica haben, verzichten wir schweren Herzens auf dieses Abenteuer.
La Tigre ist angeblich der artenreichste Park im ganzen Land. Doch wir sehen auf unserem Streifzug durch die Wälder lediglich ein Eichhörnchen, einen Kolibri und einen Papagei. Ein deutsches Paar, das hier in den Bergen wohnt, gibt uns den Tipp, nach Yuscaran zu fahren. Und tatsächlich verlieben wir uns sofort in diese pittoreske, verschlafene Kolonialstadt. Wir übernachten an der Plaza und starten von hier aus am nächsten Morgen zu einer Rundfahrt durchs Hinterland über Danli nach El Paraiso – und kehren zum Übernachten wieder nach Yuscaran zurück, wo wir von den Menschen mit großem Hallo begrüßt werden.
Über die kleinen Orte Oropoli und Alauca fahren wir – wieder durchs Hinterland – bis nach Los Manos. Dies soll laut Reiseführer der schnellste Grenzübergang zwischen Honduras und Nicaragua sein. Und tatsächlich geht die Ausreise aus Honduras und die Einreise nach Nicaragua so schnell vonstatten – nur 20 Minuten! – dass wir nach Passieren des Schlagbaums dreimal nachprüfen, ob wir auch wirklich alle Stempel und alle Dokumente haben. Aber es hat alles seine Richtigkeit. Und das Beste: Am Schalter des honduranischen Zolls hängt die Verordnung, nach der wir bei unserer Einreise vergebens gefragt haben. Minutiös sind sämtliche Gebühren, die bei einer Einreise mit PKW anfallen, aufgelistet. Es gibt sie also doch. Beruhigt stellen wir fest, dass wir, auch ohne Verordnung, letztendlich den korrekten Preis bezahlt haben. Und noch etwas versöhnt uns ein bisschen mit Honduras: Wir sind zwar mehrmals in eine Polizeikontrolle geraten, mussten jedoch nie „Strafe“ für gar nicht begangene Fehltritte bezahlen.