Route: Carlsbad / New Mexico – Guadalupe Mountains und El Paso / Texas – White Sands / New Mexico – Silver City und Gila Cliff Dwellings – Black Canyon / Gila Forest – Albuquerque – Santa Fe – Taos – Bandelier National Monument – Aztec Ruins
Unsere Tour durch New Mexico beginnt mit einem Spaziergang unter der Erde. Wir besichtigen die Carlsbad Caverns, die berühmten Tropfsteinhöhlen in der Chihuahuan-Wüste, die 250 Meter tief und 30 Meilen lang sind. Die Höhlen bestehen aus mehreren großen Räumen, die nur spärlich beleuchtet und vielleicht gerade deshalb umso beeindruckender sind. In manchen Abschnitten ist außer dem stetigen Tropfen des Wassers nichts zu hören. In anderen Abschnitten entfällt sogar das – und Ruhe umgibt uns. Kein Laut ist zu hören. Absolute Stille – richtig ungewohnt für unsere Ohren. Staunend laufen wir von einem Stalagmiten zum nächsten Stalaktiten, bewundern die filigranen Muster, die bizarren Formen – und wieder einmal stelle ich, wie auch schon beim Tauchen am Korallenriff, fest, dass die Erde unter ihrer Oberfläche mindestens genauso schön ist wie darüber.
Anschließend statten wir Texas erneut einen Besuch ab und machen einen Abstecher in die Guadalupe Mountains. El Paso, die Stadt am Rio Grande, Grenzstadt zu Mexiko, dient uns nur als Durchgangsstation, um die Website zu aktualisieren, E-Mails zu lesen und uns mit TexMex-Food und Margarita den Bauch voll zu schlagen.
Nächstes Ziel auf der Touristen-Route, auf der wir uns die nächsten Tage in New Mexico bewegen werden, heißt White Sands. Hinter diesem viel versprechenden Namen verbergen sich riesige Sanddünen aus feinem, weißem Gips – inmitten einer ansonsten steppenartigen, spärlich bewachsenen Wüstenlandschaft. Und auch in den Gipsdünen leben Tiere. Einige von ihnen haben zur besseren Tarnung eine weiße Farbe angenommen. Hilft aber alles nix, unserem geschulten Wildlife-Blick entgeht so schnell kein Tier.
Da New Mexico wirklich eine stattliche Anzahl an Sehenswürdigkeiten zu bieten hat, gönnen wir uns keine Verschnaufpause. Weiter geht’s nach Silver-City, der Stadt, die sowohl durch das Silbervorkommen in der Umgebung, als auch durch Billy, the Kid, der hier gelebt und gemordet haben soll, berühmt geworden ist. Von dort ist es nur noch ein Katzensprung in den Gila-Forest mit seinen Felsenwohnungen. Vor 700 Jahren haben 40-60 Menschen in den Felsen gewohnt – allerdings nur 20 Jahre lang. Warum und wohin sie gegangen sind, weiß wohl keiner so genau.
Wir dagegen wissen genau, wohin es uns zieht. Wir machen uns auf den Weg, den Black Canyon auf einer malerischen und kurvenreichen Offroad-Piste zu durchqueren. 120 Meilen ohne Servicestation – steht auf dem Straßenschild, an dem wir abbiegen. Tobias freut sich schon seit Tagen auf diese Tour. Ich lehne mich nach den ersten Metern auf der Holperpiste zurück. Die letzte Nacht auf dem Campingplatz habe ich mir, statt zu schlafen, die Nase an der Autoscheibe platt gedrückt, um ein Stinktier dabei zu beobachten, wie es eine Feuerstelle nach der anderen nach Essensresten abgesucht hat. Jetzt bin ich müde. Nur noch aus den Augenwinkeln sehe ich, wie Tobias mit seinem gesamten Körpergewicht auf die Bremse steigt. Unser Landy stellt sich quer und rutscht über den Sand, bevor er quer zur Fahrbahn zum Stehen kommt. Doch kein Eichhörnchen, Roadrunner oder sonstiges Tier war der Grund für dieses waghalsige Manöver. Die Lenkung hatte blockiert. Schlagartig bin ich hellwach. Dieses Problem war schon einmal in Deutschland kurz vor unserer Abreise aufgetreten und unsere Landrover-Händler in Regensburg hatte es jedoch behoben – wie er uns versichert hat. Tobias rüttelt ein paar Mal am Lenkrad, es knackt – und alles ist wieder in Ordnung. Doch uns ist das Ganze angesichts der steilen Kurven, die vor uns liegen, zu gefährlich. Vorsichtig wenden wir und fahren zurück. Ein paar hundert Meter weiter landen wir im Straßengraben, weil das Lenkrad erneut blockiert.
Allmählich machen wir uns Sorgen. Womöglich müssen die Spurstangen ausgetauscht werden oder, noch schlimmer, das Lenkgetriebe. Die nächste Landrover-Werkstatt ist 450 Kilometer entfernt in Albuquerque. Wir beschließen, noch an diesem Abend nach Albuquerque zu fahren und erreichen die Stadt ohne Zwischenfall. Am nächsten Morgen nimmt man sich in der Werkstatt sofort unseres Problems an – und fördert nach kurzer Zeit ein Metallteil ans Licht, das sich zwischen Rahmen und Lenkradwelle verkeilt hatte und dort hin- und hergerutscht war. Das Metallteil sieht aus, als ob es bei einer der letzten Reparaturen im Motorraum vergessen worden war. Die Landrover-Werkstatt in Albuquerque präsentiert uns lächelnd die Rechnung fürs Nachschauen: Null Dollar. Das ist doch mal echter Service am Kunden. Thank you very much for your help: Landrover Albuquerque. Nach der Erleichterung kommt die Wut. Nicht auszudenken, was alles hätte passieren können. Nur gut, dass Regensburg gerade ganz weit weg ist.
Jetzt steht also der Fortsetzung der Reise nichts mehr im Wege. Wir fahren über Santa Fe nach Taos, um dort das „Pueblo Taos", eines von insgesamt 18 – angeblich – noch bewohnten Indianer-Pueblos, zu besichtigen. Auf dem Weg dahin geraten wir in einen Stau. Die Straße ist gesperrt. Der Fahrer des Wagens vor uns steigt aus und erzählt uns, dass wahrscheinlich ein Film gedreht wird und dass das hier andauernd vorkommt. Angesichts der atemberaubenden Kulisse links und rechts des Weges wundert uns das nicht. Für unseren Gesprächspartner ist der ungewollte Stopp tragischer als für uns. Er wollte nämlich nur mal schnell an den Fluss fahren und ein paar Forellen fürs Abendessen angeln. Jetzt wartet seine Familie zu Hause mit hungrigen Mägen.
In Taos angekommen, müssen wir erst einmal tief in die Tasche greifen: Der Eintrittspreis fürs Pueblo beträgt 10 Dollar pro Person und 5 Dollar für die Kamera . Ohne zu zahlen darf man nicht einmal über die Mauer schauen. Aber auch mit Ticket darf man so gut wie nichts. Die Kirche darf man nicht von innen fotografieren. Den Friedhof darf man gar nicht betreten. Häuser sind nur dann für die Touristen geöffnet, wenn sich hinter der Eingangstür ein Souvenirladen verbirgt. Menschen darf man nur fotografieren, wenn man vorher fragt und hinterher ein Trinkgeld gibt. Das Pueblo hat nicht viel zu bieten. Einen großen Platz, der von einem kleinen Fluss geteilt wird – zu dessen Ufern man natürlich nicht hinunter gehen darf -, ein paar traditionelle Häuser im Adobe-Stil mit den klassischen Backöfen davor. Das war’s. Direkt vor dem Eingang zum Pueblo stehen große, einladende Häuser mit Garten, Grill und Satellitenschüssel. Es fällt uns schwer zu glauben, dass das Pueblo tatsächlich noch bewohnt sein sollen. Wie dem auch sei, mir fallen spontan zwei Dinge ein, in die wir die 25 Dollar Eintrittsgeld sinnvoller hätten investieren können: Steak und Margarita.
Über Bandelier National Monument (Felsenwohnungen) geht es weiter zu den Pueblo-Ruinen von Aztec, unserer letzten Station in New Mexico. New Mexico ist sehr abwechslungsreich. Steppenartige Wüste, üppige Mischwälder, weiße Gipsdünen, der Rio Grande, hohe Berge und Skigebiete, viele Pueblos, Felsenwohnungen und natürlich die malerischen Häuser im Adobe-Baustil. Kein Wunder, dass die Außerirdischen hier zuerst gelandet sind. Dass dem so ist, daran besteht in New Mexico kein Zweifel. Statt Gartenzwergen zieren Aliens die Vorgärten, entlang des Highways weisen Schilder darauf hin, dass hier der Future-Space-Port der USA entstehen soll – und auf unserem Straßenatlas von New Mexico sind doch tatsächlich „vermutete UFO-Landestellen" eingezeichnet.
Fazit: Wir wussten schon immer, dass Aliens einen guten Geschmack haben.