Route: Durango – Silverton – Ouray – Ridgeway – Telluride – Alta Lakes – Mesa Verde – Silverton – Engineer-Pass – Lake City – Cinnamon-Pass – Durango
Um es gleich vorweg zu nehmen: Durango ist das touristische Zentrum für Outdoor-Aktivitäten: Rafting, Kajak-Touren, Klettern, Wandern, Bergsteigen, Reiten, Offroad-Fahren, Mountain-Biking, Skifahren, Snowmobil-Touren, Langlaufen, Schneeschuhwandern, Fischen, Jagen, Golfspielen … alles ist möglich. Zwischen heißem Wüstenklima und kühler Bergluft liegen gerade mal 50 Meilen. Wer sich hier langweilt, ist selbst schuld. Wir langweilen uns nicht. Wir erreichen Durango an einem Samstag Nachmittag –rechtzeitig zum Rodeo, das am Abend statt findet. „Bulls, Bare Bone, Bronco“ lautet das Motto des Spektakels und bedeutet, dass hier sowohl auf Bullen als auch auf Pferden mit und ohne Sattel geritten wird. Mensch gegen Tier … nicht immer gewinnt der Mensch. Uns tun jedenfalls schon vom Zuschauen sämtliche Knochen weh.
Am Sonntag lassen wir es uns so richtig gut gehen. Es ist Straßenfest in Durango: „A taste of durango“ – nahezu alle Cafés und Restaurants sind mit Ständen vertreten und bieten ihre Köstlichkeiten für wenig Geld zum Probieren an. Wir halten uns allerdings beim Kosten zurück, denn wir sind an diesem Abend bei Gisela und Bill eingeladen. Gisela ist die Schwester einer deutschen Freundin und wohnt zufällig gleich um die Ecke. Die Nachbarn bringen Bier vorbei, denn ohne das – soviel steht fest – geht es nicht, wenn Besuch aus Deutschland kommt. Nach einem leckeren B-B-Q (Barbeque) tauschen wir noch MP3-Files aus (schöne neue Welt), bevor wir es uns im Gästezimmer gemütlich machen. Vor uns liegt eine anstrengende Woche, denn wir wollen Bergsteigen. Zu diesem Zweck haben wir uns extra einen Wanderführer samt Wanderkarte von Gisela und Bill ausgeliehen.
Doch der Regen macht uns einen Strich durch die Rechnung. Kaum haben wir Durango hinter uns gelassen, gießt es in Strömen. Da mag keine rechte Wanderstimmung aufkommen. Also planen wir kurzerhand um und fahren den San Juan Scenic Byway, der uns über die alte Minenstadt Silverton, das Goldgräberstädtchen Ouray, über Ridgeway und das Skigebiet Telluride, bis nach Alta Lakes führt. Wir bestaunen die alten Minenanlagen entlang der Route, lachen über die drolligen Murmeltiere, die in den Ghost Towns Quartier bezogen haben und genießen das Farbenspiel das sich uns bietet: Auf den Bergen aus roter Erde zeichnen sich scharf die weiß verschneiten Gipfel ab. Doch nicht nur auf den Gipfeln liegt Schnee – auch als wir bei Alta Lakes auf ca. 3.300 m Höhe unser Nachlager aufschlagen, schneit es. Nachts sinken die Temperaturen gefährlich nahe an den Gefrierpunkt. Gut, dass wir eine Standheizung im Auto haben.
Über schnee- und regennasse Schlammpisten setzen wir unseren Weg fort und erreichen schließlich Mesa Verde, das Zentrum der Anasazi-Hochkultur mit einer beeindruckenden Ansammlung von teilweise noch sehr gut erhaltenen, teilweise restaurierten Felsenwohnungen. Einige der Felsenwohnungen kann man betreten. Wir besuchen den Cliff Palace sowie das Spruce Tree House und fahren die Loops ab. Mesa Verde bietet einen guten Einblick in die Entwicklungsgeschichte der Anasazi, da hier vom Pithouse über Single- und Multistore-Pueblos bis hin zum Cliffdwelling, also der Felsenwohnung, alles auf einem Fleck zu finden ist.
Danach versuchen wir unser Glück erneut in den Bergen und machen uns auf den Weg zum Gipfel des Engineer Mountains auf ca. 3.870 Metern Höhe. Der Weg verläuft dummerweise auf der Ostseite des Berges und ist nach den Regenfällen der letzten Tage ziemlich schlammig. Hinzu kommt, dass wir schon nach wenigen Metern durch tiefen Scchnee stapfen. Als schließlich sogar Tobias bis zur Hüfte im Schnee steckt, kehren
wir um und fahren statt dessen weiter nach Silverton. Dieses verschlafene Minenstädtchen, das im Wesentlichen aus einergeteerten Hauptstraße besteht, erwacht nur dann zum Leben, wenn der Zug aus Durango ankommt und eine Ladung Touristen abliefert. Die Zugstrecke Durango – Silverton ist bei Touristen sehr beliebt, weil sie durch die Weminuchee-Berge führt und direkt an die steilen Felsenwände gebaut ist. Wir schenken uns die Zugfahrt und fahren statt dessen – natürlich mit dem eigenen Auto – den Ophir-Pass, der Silverton mit Telluride verbindet. Je höher die Passstraße ansteigt, desto höher werden auch die Schneewächten links und rechts des Weges. Oben angekommen bietet sich uns ein atemberaubender Ausblick auf die Berge.
Davon wollen wir noch mehr haben. Als nächstes Highlight steht der Alpin-Loop auf dem Programm, eine zweifache Überquerung der Rocky Mountains auf einer steilen, steinigen Offroad-Route, die an verlassenen Minenstädtchen vorbeiführt. Wir starten von Silverton aus und fahren den Loop im Uhrzeigersinn. Die Strecke zum Engineer-Pass schraubt sich in engen, steilen Serpentinen immer höher und höher, bis auf 3.900 Meter. Zu beiden Seiten der schmalen Schotterpiste türmt sich der Schnee. Mehr als einmal müssen wir rangieren, um überhaupt um die Kurve zu kommen. Zudem ist die Piste streckenweise so schlammig und matschig, dass wir einige der Steigungen erst nach mehreren Versuchen schaffen. Nach ungefähr 30 km und 3,5 Stunden – wir befinden uns bereits wieder auf dem Weg ins Tal – schlagen wir unser Nachtquartier auf einer Lichtung gleich neben der Snowden Cabin auf. Von hier ist es am nächsten Morgen nur noch ein Katzensprung zum Ausgangspunkt unserer Bergtour auf den 4.362 Meter hohen Uncompaghre Peak. Wir fahren den Nellie Creek entlang, der direkt zum Startpunkt führt – denken wir. Doch ein riesiger Felsbrocken versperrt die Durchfahrt und beschert uns eine zusätzliche Wegstrecke von 3,2 km. Einfach. Müde kehren wir am Abend zu unserem Übernachtungsplatz an der Snowden Cabin zurück. Die Familie, die sich diesen idyllischen Ort mit uns teilt, schenkt uns selbstgebackenen Bananenkuchen und warmen Apfel-Zimt-Brei. Das gibt Kraft. Gestärkt setzen wir den Alpin-Loop fort. Von Lake City aus fahren wir zunächst durch ein malerisches Tal. Dann steigt die Straße mehr und mehr an und erklimmt schließlich den Cinnamon-Pass auf einer Höhe von 3.840 Metern. Es beginnt zu schneien. Auch hier gibt es einige Schlüsselstellen, die auf Grund der nassen Steine nur mit Mühe zu bewältigen sind. Bei einer besonders steilen und außerdem noch schräg hängenden Kehre steige ich aus und bringe mich mit meinem Fotoapparat aus der Gefahrenzone. Doch als Tobias mit Vollgas durchstartet, sich der Landy bedenklich auf die Seite neigt und sich schließlich sogar ein Rad 20 Zentimeter vom Boden hebt, vergesse ich vor Schreck, auf den Auflöser zu drücken. Sorry. Insgesamt betrachtet ist der zweite Teil des Alpin-Loops aber deutlich einfacher zu fahren als der erste Teil. Und vor allem kürzer. So bleibt uns noch Zeit, eine weitere Ghost Town, Animas Forks, zu besichtigen, ehe wir nach Durango zurückkehren.
Noch einmal fallen wir bei Gisela und Bill ein. Noch einmal werden wir mit einem leckeren Essen verwöhnt, bevor wir dann weiter nach Westen ziehen und Colorado Richtung Utah und Arizona verlassen. (Liebe Gisela, lieber Bill, an dieser Stelle noch einmal vielen Dank für eure Gastfreundschaft.)
Colorado – zumindest die Gegend um Durango herum – hat uns ausnehmend gut gefallen. Hier lässt es sich aushalten. Fazit: Wir ziehen nach Colorado. Irgendwann.